
Foto: Parlamentsdienste 3003 Bern, Béatrice Devènes
Wer setzt sich in Bundesbern für die Kultur ein?
Editorial aus ProgrammZeitung dem Oktoberheft 2023
22.9.2023
Sabine Knosala
Im Oktober wählt die Schweizer Stimmbevölkerung
das Parlament.
Sie lachen uns derzeit von den Plakaten am Strassenrand entgegen: Die Kandidatinnen und Kandidaten der eidge-nössischen Wahlen vom 22. Oktober. Doch wie soll man entscheiden, wen man in den National- oder Ständerat wählen soll?
Einen möglichen Wegweiser im Wahldschungel liefert die Plattform clap4culture.ch. Dahinter steckt die Taskforce Culture, eine Arbeitsgruppe, in der verschiedene Schweizer Kulturverbände und -organisationen vertreten sind. Sie hat schweizweit allen National- und Ständeratskandidierenden einen Fragebogen zukommen lassen, in dem diese angeben mussten, welche kulturpolitischen Anliegen sie im Parla-ment unterstützen würden. Für mehr Unterstützung gab es mehr Punkte, bis zu einer maximalen Anzahl von 21 Punkten. Zudem sollten die Politikerinnen und Politiker ihren persönlichen Bezug zur Kultur offenlegen.
Die Antworten fallen rund einen Monat vor den Wahlen naturgemäss sehr positiv aus: In Basel-Stadt haben von den sieben Nationalratskandidierenden fünf Personen die maximale Punktzahl erreicht, eine Person 18 und eine zwölf Punkte. Im Baselbiet ist das Spektrum kleiner: Die Punktzahlen der fünf Nationalratskandidierenden und der einzigen Ständeratskandidatin bewegen sich, gleichmässig verteilt, zwischen 21 und 18 Punkten.
Spannend ist, welche Anliegen bei allen Parlamentarierin-nen und Parlamentariern in spe unbestritten sind: So ist man sich in den beiden Basel einig, dass Menschen in Kulturberufen finanziell besser abgesichert werden sollen, dass es ein wirkungsvolles Urheberrecht braucht und dass die Kultur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Mehr Mühe bekundeten die Politikerinnen und Politiker dagegen mit der Förderung des Kulturjournalismus, der das Kultur-schaffen erst sicht- und hörbar macht, sowie mit der Stär-kung der einheimischen Kulturrechteinhaber gegenüber internationalen digitalen Plattformen. Letzteres erstaunt, hatte doch der Schweizer Souverän erst vergangenes Jahr Ja zur «Lex Netflix» gesagt, die Streaming-Plattformen dazu verpflichtet, in die Produktion von Schweizer Filmen und Fernsehserien zu investieren.
Interessant sind auch die Verbindungen zur Kultur: Mit einer ehemaligen Radiomoderatorin, der ehemaligen Geschäftsleiterin von Kulturstadt Jetzt und einer Kultur-managerin sind Personen vertreten, die in der Kultur tätig sind oder waren. Sie alle haben die maximale Punktzahl
in der Umfrage erzielt.
«Kultur und Demokratie sind Zwillinge».
Bei weniger Punkten automatisch auf weniger kulturelles Engagement zu schliessen, wäre jedoch falsch: So setzt sich eine Person mit 18 Punkten laut eigenen Angaben für den Erhalt des Musical Theaters Basel ein, und eine andere mit gleicher Punktzahl hatte in der Coronakrise im Landrat
für die finanzielle Unterstützung von Kulturschaffenden gekämpft. Es lohnt sich also, auch die Anmerkungen der Befragten zu lesen. Darin finden sich übrigens markige Statements zum Stellenwert der Kultur – von «Kultur und Demokratie sind Zwillinge» bis zu «Kultur ist das Salz in der Suppe».
Bleibt zu hoffen, dass sich die Gewählten später im Parlament noch daran erinnern. Denn schlussendlich ist
die Umfrage nicht mehr als eine Zusammenfassung von Absichtserklärungen. Sie ist daher nicht als absolute Wahrheit zu verstehen, sondern kann bei der Wahlentscheidung allenfalls als Gradmesser dienen.
Auch in der ProgrammZeitung haben Sie, liebe Leserin und lieber Leser, die Qual der Wahl. Wir haben in der Oktober-Ausgabe wieder eine Vielzahl interessanter Themen für Sie zusammengestellt: Lesen Sie das Interview mit Titus Engel, dem neuen Principal Conductor der Basel Sinfonietta, erfahren Sie mehr über die Geschichte des Vorstadttheaters und lernen Sie Kunst am Bau kennen, die in einer Wohnsiedlung in Oberwil versteckt ist.
Nun wünsche ich Ihnen viel Freude beim Wählen, sei es nun politisch oder kulturell!



Editorial aus
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